Für eine visuelle Beobachtungsnacht ist keine Präzision bei der Ausrichtung der Montierung nötig und man kann das Teleskop mehr oder weniger einfach „hinstellen“. Auch azimutale Montierungen benötigen keine besonderen Aufwendungen, in der Regel messen und richten sie sich beim Start selbst ein. Wenn es aber um Fotografie mit äquatorialen Montierungen geht, ist Präzision der Schlüssel zu guten Fotos.
Ein äquatorial montiertes Teleskop kompensiert die Erdrotation mit einer entsprechenden Gegenbewegung auf der RA-Achse. Für den Beobachter schein es, als würde das Teleskop eine Kreisbahn über den Himmel beschreiben. Diese Kreisbahn muss parallel zum Himmelsäquator verlaufen, dann liegt auch die äquatoriale Achse des Teleskopes parallel zur Erdachse. Andernfalls driften die Objekte aus dem Blickfeld und das Blickfeld rotiert.
Eine präzise Polarausrichtung hat vorerst nichts mit dem punktgenauen
anfahren von Objekten zu tun, das realisiert die GoTo-Software. Diese kann
zudem gleichbleibende Fehler in Azimut und/oder Elevation ausgleichen. Solche
Lagefehler des OTA können durch Ungenauigkeiten bei der Justage des OTA zur
Aufnahme der Montierung entstehen. Diese Lagefehler sind gleichbleibend und
konnen von der Goto-Software durch entsprechendes verdrehen der virtuellen
Himmelssphere korrigiert werden.
Um die Genauigkeit der Montierung zu steigern, gibt es bei vielen Teleskopen
die Möglichkeit der „Periodic Error Correction“, kurz PEC. Fertigungstoleranzen
bei der Herstellung der Getriebe und der Zahnräder führen zu minimalen
Abweichungen in der effektiven Bewegung der Montierung. Diese Abweichungen
können sich bei der Nachführung durchaus bemerkbar machen und da sie periodisch
sind und sich somit addieren, auch die Genauigkeit der Positionierung
beeinträchtigen. Ich gehe mal davon aus, dass jeder sein Teleskop so genau wie
möglich aufsetzt und das PEC für beide Achsen aktiviert ist. Für die Fotografie
benötigen wir PEC für die RA-Achse, hier wird die Nachführung und die
Positionierung verbessert. PEC für die DEK-Achse ist hierfür nicht wichtig und
steigert lediglich die Genauigkeit der Positionierung beim Anfahren von Objekten.
Beim Kauf meines Teleskopes war mir Mobilität sehr wichtig und auch wenn
ich schon häufig darüber nachgedacht habe, eine fest installierte Pier besitze ich
noch nicht. Mein Teleskop steht also auf dem mitgelieferten Dreibein und hier
gibt es eine Vielzahl von Fehlerquellen. Zudem liegt meine Terrasse in
Südrichtung und das Haus blockiert den Blich in Richtung Norden und somit auch
auf Polaris. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten, eine präzise Ausrichtung
zu realisieren. Hier meine „Best Practise“ Vorgehensweise:
Zunächst sollte das Dreibein grob in Richtung Süden aufgestellt werden. Das
bedeutet, dass nach dem Aufsetzen das Teleskop nach Süden schaut und die
gekippte DEK-Platte der Montierung nach Norden weist. Bei der häufigen Nutzung
desselben Standortes machen hier Bodenmarkierungen das Leben leichter.
Mit aufgesetztem Teleskop muss nun die Montierung in Waage gebracht werden.
Ob hierfür die gängigen aber groben Libellenwaagen ausreichen, ist schwer zu
sagen. Generell führt ein Lagefehler der Montierung zu einer Abweichung zur
Polachse und somit zu einem erhöhten Zeitaufwand bei der Ausrichtung. Je
präziser das Teleskop im „Wasser“ ist, desto besser.
Bei meinem LX-200 muss nun der OTA für die Polarausrichtung vorbereitet
werden. Das bedeutet, die Elevation muss auf 90° und der Azimut auf 0° eingestellt
werden. Die hier auftretenden Fehler sind vertretbar, denn die entstehenden
Abweichungen sind gleichbleibend auf beiden Achsen und führen nicht zu
Bildfeldrotation oder –drift.
Die Prozedur der Polarausrichtung meines LX-200 lasse ich ohne Korrekturen
durchlaufen und bestätige die angefahrenen Sterne ohne diese wirklich im Sucher
zu haben. Die virtuelle Himmelskarte des LX-200 justiere ich im Anschluss mit
der eingebauten „Sync“-Funktion.
Die Lage der äquatorialen Achse meines LX-200 überprüfe ich mittels der
Scheiner-Methode. Mit dieser beobachtet man einen Stern im Süden und einen im
Osten, beide möglichst nahe dem Himmelsäquator, und wartet, ob und in wie weit
die Sterne aus dem Blickfeld driften. Der südliche Stern zeigt die
Ost/West-Lage der äquatorialen Achse der Montierung, der östliche zeigt die
Nord/Süd-Lage. Es gibt im Internet genügend detaillierte Anleitungen für die
Scheiner-Methode, teilweise sogar mit Formeln zur Quantitativen Bewertung des
Grades der Abweichung.
Es gibt aber auch eine Menge guter Software-Tools, die auf der
Scheiner-Methode basieren. Hier wird mittels CCD- oder Web-Kamera mit einer
erstaunlichen Genauigkeit der Drift der Sterne ermittelt und Anweisungen für
die Korrektur berechnet. Ich benutze das Tool PemPro. PemPro ist ursprünglich
für ein erweitertes PEC-Training entwickelt worden, aber eine seiner
"Nebenfunktionen" ist das Polar-Alignment.
Ich benötige vom aufstellen
der Montierung bis zum fertig ausgerichteten Teleskop ca. eine Stunde – eine
Arbeit, die ich an einem wolkenfreien Abend gerne verrichte. clear Skies