Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Astrofotografie ist die
Kenntnis über die eingesetzten Mittel. Jede Konfiguration hat seine Stärken und
Schwächen und eines der Hauptelemente ist die eingesetzte CCD-Kamera. Jede
Kamera hat konstruktionsbedingte und/oder individuelle Merkmale und
Leistungswerte. Einige Kamerahersteller konfigurieren ihre Kameras ab Werk und
der Anwender hat nur bedingte Möglichkeiten, seine Kamera zu konfigurieren.
Andere wiederum, und hierzu gehört auch Astrolumina/QHY, lassen den Anwendern
die Möglichkeit, alle Parameter selbst einzustellen. Ich möchte hier auf die
beiden Parameter Gain und Offset eingehen und hierzu dient meine ALCCD9 als
Referenz. Um zu verstehen was in der Kamera passiert und welche Auswirkungen
unsere Einstellungen auf die Qualität der Fotos hat, müssen wir uns den
Signalweg in der Kamera vor Augen führen. Generell muss aber gesagt werden,
dass ein erhöhen der Verstärkung in der Kamera keineswegs zu einer Steigerung
der Empfindlichkeit des CCD-Sensors führt!
Der CCD-Sensor sammelt das einfallende Licht und speicher dies als Ladung in den einzelnen Zellen, auch Pixel genannt. Auf Grund von Größe und Material der Zellen, haben diese eine begrenzte Kapazität für die Speicherung, man spricht auch von der Full Well Capacity. Meist wird sie in keV angegeben und beschreibt die maximal mögliche Dynamik des Sensors, also den größtmöglichen Unterschied zwischen starken und schwachen Signalen, die ohne Signalverslust registriert werden kann.
Die Ladung der einzelnen Zellen ist analoger Natur und wird nach dem Auslesen aus dem CCD-Chip mittels eines A/D-Wandlers in ein digitales Signal umgewandelt. Diesem A/D-Wandler ist ein Verstärker vorgeschaltet, der die Vorspannung und die Signalstärke am Eingang des A/D-Wandlers regelt, dies ist das Offset und das Gain. Die Breite des A/D-Wandlers wird in Bit angegeben und die entspricht der maximalen Auflösung des digitalen Signals, also den möglichen Einzelschritten, in dass das analoge Signal zerlegt werden kann. Gängige Werte sind hier 8Bit, 12Bit, 14it oder 16Bit. Meine ALCCD9 hat 16Bit, also eine Auflösung von 0 bis 65.535 ADU. Nach dem Auslesen des Bildes in den PC wird diese Auflösung auf die grafischen Möglichkeiten des PCs angepasst, also in der Regel auf 8Bit. Diese Anpassungen können verschiedene Ausprägungen haben und gehören zum Post Processing.
Bei meiner ALCCD9 wird also die Full Well Capacity von maximal 25.5 keV an einen 16Bit A/D-Wandler gegeben und wenn der Verstärker richtig eingestellt ist, entspricht jede ADU 25.5keV / 65.535=0,39keV.
Wie aber stellt man den Verstärker richtig ein? Ziel ist es, den vollen Dynamikbereich des analogen Signals komplett in den Auflösungsbereich des A/D-Wandlers zu bringen, also keinen Signalverlust im schwachen oder starken Signalbereich zu erleiden.
Beginnen sollte man mit der Vorspannung, also dem Offset. Ein CCD-Chip
liefert, die Dead-Pixel mal außer Acht gelassen, niemals ein Signal von Null!
Ein thermales Grundrauschen plus das Ausleserauschen ist immer vorhanden.
Dieses Grundrauschen ist unser gefühlter Nullpunkt, der Wert, auf den unsere
gesammelten Photonen aufaddiert werden. Diesen Punkt wollen wir möglichst
"nahe" am Nullpunkt des A/D-Wandlers haben. Aber Vorsicht, der
gefühlte Nullpunkt muss immer über dem Nullpunkt des A/D-Wandlers liegen,
ansonsten haben wir Signalverlust.
Mit einem Verstärkungsfaktor - Gain - von "0" und abgedecktem
CCD-Chip belichten wir eine 0 Sekunden Aufnahme, also einen BIAS Frame. Wenn
das gesamt Bild gemittelt wird, können wir den Pegel des Grundrauschens
ablesen. Nun können wir mittels der Vorspannung - dem Offset - diesen Pegel
verschieben. Liegt der Pegel über 1.000 ADU, so müssen wir das Offset
reduzieren. Liegt der Wert unterhalb von 500, müssen dir das Offset erhöhen.
Irgendwo dazwischen ist ok.
Ist das Offset justiert, geht es an das Gain. Das Gain ist der Verstärkungsfaktor des analogen Signals. Ist es zu schwach justiert, erreichen wir mit unseren Aufnahmen nie den rechten Bereich des Histogramms und das ist unabhängig von der Belichtungszeit der einzelnen Aufnahme! Hierbei erleiden wir zwar keinen Signalverlust, aber wir limitieren unnötig die Auflösung des A/W-Wandlers. Ist das Gain zu stark justiert, werden die hellen Bereich der Aufnahme am A/D-Wandler einfach abgeschnitten. Wir verlieren also Signale und begrenzen unnötig die Dynamik unsere Kamera. Um das Gain richtig einzustellen müssen wir den Wert in einer Aufnahme messen, den der A/D-Wandler aus dem gesättigten Signal des CCD-Chips gemacht hat. Hierzu belichtet wir mit unbedecktem CCD-Chip eine Aufnahme, bei dem der Chip in die Sättigung geht. Wir belichten also so lange, bis die Full Well Capacity erreicht bzw. überschritten ist. Zu erkenn ist das an dem fertigen Bild am PC. Zeigt das Histogramm eine starke Konzentration von Werten im letzten Fünftel des rechten Bereich, haben wir eine brauchbare Aufnahme. Nun suchen wir auf der Aufnahme einen gesättigten Bereich und schauen uns den Wert in ADU an. Liegt der Wert bei 65.535 (gilt für 16 Bit! 16.383 für 14 Bit, 1.023 für 10 Bit, 255 für 8 Bit) oder dicht daran, ist das Gain zu hoch eingestellt und es ist wahrscheinlich, dass Signale größer 65.535 abgeschnitten wurden. Wir reduzieren dann das Gain so lange, bis der gesättigte Bereich etwas über 60.000 ADU liegt. Liegt der gemessene Wert unter 60.000 ADU, erhöhen wir das Gain entsprechend. Jetzt können wir sicher sein, dass die Komplette Dynamik des CCD-Sensors im Auflösungsbereich des A/D-Wandlers ist.
Der Perfektionist korrigiert mit dem ermittelten Gain noch einmal das Offset, aber dies ist nur für das persönliche Wohlgefühl und nicht notwendig. clear skies